Im zweiten Vorbereitungsseminar „Mein kultureller Rucksack“ ging es um Kultur und die eigene Prägung: jeder von uns ist in einer und durch eine Kultur aufgewachsen und sozialisiert worden. Jeder von uns trägt einen „Rucksack“ mit sich, in dem alles Erlernte zu finden ist und den wir immer und überall mit uns herumtragen. Viele „Gegenstände“ befinden sich in diesem Rucksack, von denen wir wissen und die uns bewusst sind, aber es gibt auch viele kleine und große Dinge, von denen wir gar nicht wissen, dass wir sie tagtäglich mit uns tragen. In diesem Seminar haben wir uns den Inhalt dieser „Rucksäcke“ mal genauer angeschaut und uns gefragt, was uns geprägt hat und ob es etwas gibt wie „typisch Deutsch“ zu sein.
Wir haben gelernt, dass es wichtig ist, sich selbst und die eigene Prägung zu kennen, denn wenn man in eine neue Kultur eintaucht, können Missverständnisse oder Unverständis entstehen, wenn man sich seiner Prägung und dem Inhalt des „Rucksacks“ nicht bewusst ist.
So ging es zunächst darum, Vorurteile und Stereotype gegenüber Deutschen zu sammeln und zu schauen, ob diese auch auf jedes einzelne Individuum unserer Gruppe zutreffen – natürlich taten sie das nicht! Wir lernten: auch wenn Vorurteile wie „die Deutschen sind immer pünktlich“ oder „die Deutschen sind sehr ordentlich“ auf einzelne Individuen der Gruppe zutreffen können, treffen sie nicht immer für alle Individuen der Gruppe zu. Das heißt, Vorurteile und Stereotype generalisieren, verallgemeinern und betrachten eine bestimmte Gruppe als „homogen“, obwohl sie heterogen ist.
Wir schauten uns hier auch das Modell der „Kulturzwiebel“ näher an: in diesem heißt es, dass es sich mit der Kultur und deren „sichtbaren“ und „unsichtbaren“ Elementen so verhält wie eine Zwiebel: während man die äußeren Schichten gut sehen kann (Symbole, Rituale, Helden, …), muss man schon einige Schichten der Zwiebel entfernen um zum Kern vorzudringen, in dem sich die „unsichtbaren“ Elemente der Kultur verstecken, also z.B. Glaubensüberzeugungen, Kosmologie, Staatsverständnis usw. Also alles Dinge, die den Kern einer Kultur ausmachen und über die man nicht reden muss bzw. über die es schwierig ist zu reden, da sie nicht unmittelbar sichtbar sind. Eine Kultur kann man jedoch nur verstehen, wenn man auch einen Einblick in den Kern der Zwiebel erlangt. Deshalb haben wir überlegt, was denn der „Kern“ unserer (deutschen) Kultur ist und dann haben MaZ-Rückkehrer aus dem Kongo und Tansania erklärt, wie die Kulturzwiebel für diese Länder wohl aussehen könnte.
Einen theoretischen Input gab es dann zu den „Kulturdimensionen nach Hofstede“, der einzelne Kulturen bzw. Länder hinsichtlich verschiedener Dimensionen/Kategorien eingeordnet hat um Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszustellen. Hier können Sie mehr über Hofstede erfahren: Kulturdimensionen nach Hofstede
Wir schlugen dann den Bogen zu Rassismus und Kolonialismus: wie funktioniert Rassismus eigentlich genau? Und wie war das nochmal mit dem Kolonialismus? Die MaZ arbeiteten heraus, was der Kern von Rassismus ist (künstliche Einteilung von Menschen nach bestimmten Merkmalen in als homogen und unveränderlich angesehene Gruppen („Rassen“), die dann von einer „Rasse“ hierarchisiert und bewertet werden („Rasse A ist besser als Rasse B“), um eine Legitimation für Machtausübung und Ausbeutung zu haben) und setzten dann die Entwicklung von Rassismus in Bezug zur Entwicklung des Kolonialismus und den Auswirkungen dieser auf die Bevölkerungen in Lateinamerika und Afrika. Gemeinsam gestalteten sie eine Zeitleiste, in der diese unterschiedlichen Aspekte eingezeichnet und veranschaulicht werden. Die Gruppe hat die Aufgabe zusammen wunderbar gemeistert (was mit 15 Leuten und mindestens genau so vielen Meinungen gar nicht so einfach ist!), sodass man nun die fertige Zeitleiste im MaZ-Raum bewundern kann.
Am Samstagnachmittag machten wir dann einen Ausflug ins Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, um die praktischen Auswirkungen des Jahrhunderte alten Rassismus zu sehen und uns zu vergegenwärtigen, dass Rassismus nicht nur ein theoretisches Konzept bleibt, sondern wirklich Auswirkungen auf das Leben von Menschen hat, ganz einschneidend und sichtbar natürlich in Deutschland während der Nazi-Zeit.
Wie immer gab es Erfahrungsberichte von bereits zurück gekehrten MaZ, aus der Demokratischen Republik Kongo und Peru, die bei den MaZ in Vorbereitung sichtlich die Vorfreude steigerten.
Abends gab es natürlich immer noch etwas Zeit zum Zusammensitzen, Karten und „Werwolf“ spielen.
Zur Zeit befinden sich 15 junge Erwachsene als MissionarInnen auf Zeit der Comboni-Missionare und Salvatorianer in Vorbereitung. Sie werden in die Länder Peru, Uganda, Südafrika, Kenia, Tansania und Philippinen ausreisen.
Das nächste Seminar wird in der Karwoche vom 23. März bis 27. März 2016 in Mellatz stattfinden. In dem Seminar werden wir uns mit globalen Strukturen der Ausbeutung und Armut beschäftigen und die Karwoche gemeinsam begehen.